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AutorenbildAnnah Fehlauer

Ein Brief

Aktualisiert: 28. Jan.

Jetzt wird es hier mal sehr persönlich. Vielleicht darf das auch mal sein, denn auch das Persönliche ist ja oft mehr als einfach nur persönlich.

 


Lieber Papa,

mein geliebter Vater,

 

nun jährt sich dein Todestag zum vierzigsten Mal. An den letzten Tag, den wir so richtig miteinander verbracht haben, erinnere ich mich leider nicht. Recht genau erinnere ich mich allerdings an den Morgen, der dein letzter in diesem Leben gewesen ist. Das war der 26.01.1984.

Du hattest seit drei Tagen furchtbare Kopfschmerzen. An diesem Morgen waren die Schmerzen so stark, dass unsere geliebte Mama, deine geliebte Frau, in deiner und in ihrer Not den Notarzt rief. Während der Wartezeit wurden deine ältere Tochter, meine geliebte Schwester, und ich von unserer Nachbarin, einer befreundeten Ärztin, betreut. Während die Sanitäter dich für den Krankentransport bereit machten, kniete sie sich vor uns auf den Boden und erklärte uns, dass wir nun wie gewöhnlich in die Schule und den Kindergarten gehen würden. Um uns zu beruhigen und zu trösten, ergänzte sie: „Und wenn ihr wieder nachhause kommt, ist alles wieder gut.“

Als wir nachhause kamen, war unser Zuhause ein grundlegend anderes und du unterwegs in einen anderen Seinszustand.

Ein wesentlicher Teil unserer Kindheit hatte jäh geendet. Dein Tod traf uns unerwartet und unvorbereitet. Ein Blutgerinsel in deinem Kopf war geplatzt. Das war die Ursache für deine unerträglichen Schmerzen.

Mein Vertrauen in das Leben im Allgemeinen und Menschen (und das, was sie sagen) im Besonderen war empfindlich erschüttert und ist es in Spuren bis heute geblieben, doch das ändert sich und heilt und heilt, und dafür bin ich dankbar.

 

Du warst an diesem Tag neununddreißig Erdenjahre, zwei Monate und sechs Tage alt.

Deine Frau, unsere geliebte Mutter, war an diesem Tag neunundreißig Erdenjahre, elf Monate und elf Tage alt.

Deine ältere Tochter war an diesem Tag neun Erdenjahre und etwas mehr als fünf Monate alt.

Ich war an diesem Tag vier Erdenjahre, fünf Monate und drei Tage alt.

Heute bin ich bereits mehr als fünf Jahre älter, als du es je geworden bist.

Selbst dein jüngstes Kind, dein Sohn und mein geliebter Bruder, der damals neun Monate alt war, ist inzwischen älter, als du je geworden bist. Und du selbst bist nun seit längerer Zeit nicht mehr in diesem Leben, als du es warst.

 

Ich weiß nicht, ob es mit diesen magischen Zahlen zusammenhängt oder andere Ursachen hat, dass mir dein Sterben, vor allem aber dein Sein, in den vergangenen Monaten so präsent ist wie nie zuvor. Ich vermute, dafür ist ein buntes Zusammenspiel verschiedener Gründe verantwortlich.

Das Schöne und Tröstliche bei allem innewohnenden Traurigen ist, dass mir dein Sein und dein Sterben nicht nur sehr viel präsenter sind als zuvor, sondern ich zudem eine ungewohnte neue Nähe und Verbindung zu dir spüre.

Das Lied, das ich am vergangenen Jahrestag deines Geburtstags empfangen habe, lässt mich mich dir nahe fühlen, wann immer ich es spiele oder selber höre. Das fühlt sich sehr schön an. Und auch darüber hinaus erlebe ich in letzter Zeit gehäuft Augenblicke, die dich mir in Erinnerung rufen. Dafür bin ich sehr dankbar und freue mich jedes Mal von Herzen.


Deshalb teile ich auch dein Lied hier noch einmal, den Text ergänze ich noch. Denn mir tut der Gedanke gut, dass jedes Mal, wenn jemand das Lied anhört, auf energetischer Ebene die Verbindung zu dir, zu uns, berührt und verstärkt wird.  

 

Mit ganz viel Liebe,

deine Tochter Hanna, die gerne mehr darüber wüsste, welche Ähnlichkeiten sie mit ihrem Vater teilt und zuversichtlich ist, dass sie das nach und nach noch herausfindet






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